Das IZH war vom 28. bis 30. April 2017 Gastgeber von über 400 deutschsprachigen MuslimInnen sowie Nicht-MuslimInnen, die auf Einladung des Vereins „Islamischer Weg e.V.“ aus Österreich, der Schweiz und aus den verschiedensten Städten Deutschlands in das Islamische Zentrum Hamburg angereist sind.
Bericht über den Vortrag Ayatollah Dr. Ramezanis bei
der 22. Islamischen Tagung deutschsprachiger Muslime des „Islamischen Weg e.V.“
im Islamischen Zentrum Hamburg
Das IZH war vom 28. bis 30.
April 2017 Gastgeber von über 400 deutschsprachigen MuslimInnen sowie
Nicht-MuslimInnen, die auf Einladung des Vereins „Islamischer Weg e.V.“ aus
Österreich, der Schweiz und aus den verschiedensten Städten Deutschlands in das
Islamische Zentrum Hamburg angereist sind.
Ayatollah Dr. Reza Ramezani,
Imam und Leiter des IZH, beehrte am Samstag das Vormittagsprogramm der Tagung.
Nach einem einstündigen Vortrag folgte eine ausführliche und spannende
Frage-Antwort-Runde.
Ayatollah Ramezani begrüßte
zunächst alle TagungsteilnehmerInnen und sagte über die Wichtigkeit solcher
Veranstaltungen:
"Ich freue mich erneut, im Kreise junger Gläubiger wie Sie zu sein, und
danke Gott für diesen himmlischen Segen. Weiterhin möchte ich mich bei den
Veranstaltern dieser wertvollen Tagung bedanken. Einer der Besonderheiten
solcher Veranstaltungen ist, dass sie sich jedes Mal mit einem grundlegenden
Thema befasst, was die Jugendlichen in Europa beschäftigt. Es wird debattiert
und verschiedene Ansichtspunkte werden zur Sprache gebracht. So werden die
Jugendlichen mit der reichhaltigen Kultur des Islam vertraut. Solche Programme
und der Kontakt mit Jugendlichen sollten im Laufe des Jahres fortgesetzt und
dabei Themen wie verschiedene Lehren, Ansichten, Ethik und Sorgen der Jugendlichen
behandelt werden. Dies ist besonders in der heutigen Zeit, wo es viele
Unklarheiten in Bezug auf die Religion gibt, notwendig."

Anschließend erläuterte er über
die Sendung der Propheten:
"Im Laufe der Geschichte gab es stets extremistische Ansichten über die
göttlichen Propheten. Einige erhoben sie bis zur Gottheit und – Gott behüte –
glaubten, sie seien Götter oder die Kinder Gottes. Und einige andere wiederum
sahen in den Propheten nichts Anderes als ganz normale Menschen. Doch aus Sicht
des Koran haben die Gesandten Gottes zwei Dimensionen: einmal die irdische und
menschliche Dimension und einmal die himmlische und mystische. Gemäß der religiösen
Lehren muss ein Gesandter Gottes in erster Linie ein Mensch sein, denn Er soll
ein Vorbild für die Menschheit darstellen. Andererseits ist Er der Botschafter
Gottes und will die Worte Gottes empfangen und sie dann den Menschen verkünden,
weshalb Er wiederum eine höhere Stellung als die Menschen haben und himmlische
Eigenschaften besitzen muss.
Gott spricht
in der Sure Kahf, Vers 110:
قُلْ إِنَّمَا أَنَا بَشَرٌ مِّثْلُكُمْ يُوحَىٰ
إِلَيَّ
Sprich: "lch bin nur ein Mensch wie ihr, doch mir
ist offenbart worden.“
Hier wird verdeutlicht, dass die Propheten auch Menschen sind, aber keine
gewöhnlichen. Zwar sind die Gesandten Gottes keine Übermenschen, doch haben sie
vor Gott eine sehr erhabene Stellung, die über die des "gewöhnlichen"
Menschen liegt. Denn nur ein Prophet hat die Gnade und Würde, die Botschaft
Gottes zu empfangen und mit den Engeln zu kommunizieren."
Der Vertreter der höchsten
schiitischen Gelehrte in Europa wies anschließend auf den Vers 157 der Sureh
'Araf hin und fügte hinzu:
Der erhabene Gott beschreibt in diesem Vers einen
wahren Gläubigen so:
الَّذِينَ يَتَّبِعُونَ الرَّسُولَ النَّبِيَّ الْأُمِّيَّ الَّذِي يَجِدُونَهُ مَكْتُوبًا عِندَهُمْ فِي التَّوْرَاةِ وَالْإِنجِيلِ يَأْمُرُهُم بِالْمَعْرُوفِ وَيَنْهَاهُمْ عَنِ الْمُنكَرِ وَيُحِلُّ لَهُمُ الطَّيِّبَاتِ وَيُحَرِّمُ عَلَيْهِمُ الْخَبَائِثَ وَيَضَعُ عَنْهُمْ إِصْرَهُمْ وَالْأَغْلَالَ الَّتِي كَانَتْ عَلَيْهِمْ فَالَّذِينَ آمَنُوا بِهِ وَعَزَّرُوهُ وَنَصَرُوهُ وَاتَّبَعُوا النُّورَ الَّذِي أُنزِلَ مَعَهُ أُولَـٰئِكَ هُمُ الْمُفْلِحُونَ
„Die dem Gesandten folgen, dem ungelehrigen Propheten,
den sie bei sich in der Tora und im Evangelium verzeichnet finden. Er befiehlt
ihnen das Rechte und verbietet ihnen das Verwerfliche, er erlaubt ihnen die
köstlichen Dinge und verbietet ihnen die schlechten, und er nimmt ihnen ihre
Last und die Fesseln, die auf ihnen lagen, ab. Diejenigen nun, die an ihn
glauben, ihm beistehen, ihn unterstützen und dem Licht, das mit ihm
herabgesandt worden ist, folgen, das sind die, denen es wohl ergeht.“
In den schiitischen Überlieferungsquellen steht, dass Gott für die
Rechtleitung der Menschheit 124.000 Gesandte [arabisch = Nabi] entsandt
hat. Gemeint sind diejenigen, die mit Gott in direkter Verbindung standen und
aufgrund ihrer hohen Stellung über das Jenseits in Kenntnis waren [...].
Unter diesen 124.000 Gesandten gab es nur 313 Propheten, die beauftragt
wurden, göttliche Religionen zu verbreiten.
Selbst unter diesen 313 Propheten gehörten nur fünf Propheten der
„Ul-ul-'Azm“ an [gemeint sind Propheten, die eine heilige Schrift offenbarten].
Von diesen fünf Propheten wiederum ist einer der Vollender der
Prophetenreihe und auch das Juwel der Propheten. Denn Prophet Mohammed (gegrüßt
sei er) ist der höchste aller Propheten und der letzte aller Propheten.
Im heiligen Koran wird darauf hingewiesen, dass bereits in den zu vorigen
heiligen Schriften, wie im Evangelium und in der Thora, auf den geehrten
Propheten des Islam Mohammed (gegrüßt sei er) hingedeutet und seine
Eigenschaften genannt wurden. So warteten die wahren Juden und Christen auf
Sein (s.) Erscheinen und glaubten an Seine (s.) Aufrichtigkeit."

Der Imam des IZH sagte über das
Vertrauen in den heiligen Propheten (gegrüßt seien sie):
„Im Koran steht über diejenigen, die sich zum Propheten bekennen, Ihn
(gegrüßt sei er) gegenüber seinen Feinden und Gegnern unterstützen und sich
Seinen (gegrüßt sei er) Worten fügen, dass diese in den Himmel kommen „أُولَـٰئِكَ هُمُ الْمُفْلِحُون“ [deutsch:
„denen es wohl ergeht“]. Doch die Frage ist nun, wie man in der heutigen Zeit
den Propheten unterstützen kann. Diese Unterstützung folgt mit der
Wiederbelebung der moralischen Traditionen und der menschlichen Werte. Die
Unterstützung des Propheten besteht in der vernünftigen und richtigen Vorstellung
des Islam. Sie liegt in der Einhaltung der moralischen und ethischen Werte
(Helfen der Mitmenschen und gutem Verhalten) also im Gebieten von all dem, wozu
der Prophet aufrief. Die Unterstützung des Propheten macht den Menschen erhaben
und beliebt. Sie stabilisiert das Innere des Menschen, beschert Liebe und
Freundlichkeit, Vernunft und Spiritualität. Wir dürfen allerdings nicht
vergessen, dass, wenn wir die göttliche Religion unterstützen, im Grunde nur
uns selbst helfen, denn Gott in sich ist vollkommen und braucht unsere
Unterstützung nicht.“
Der Leiter der schiitischen
Theologen in Europa erwähnte bezüglich der Herabsendung des Koran:
„Der Koran wurde uns offenbart, um den Menschen die richtige Lebensweise zu
lehren. Der Koran ist das Buch der Gesetze und das Erbe des Propheten, das uns
gegeben wurde. Der Koran ist für den Menschen hinabgesandt worden, sodass er
sich in seinem alltäglichen Leben nach ihm richten und danach handeln kann. Es
ist kein Buch, das nur in Trauerzeremonien oder bei Koransitzungen mit schöner
Stimme rezitiert werden soll. Das Wirken des Koran sollte in den Taten und
Denkweisen der Menschheit zu erkennen sein!
Darüber hinaus ist die besondere Beachtung von Vernunft und Spiritualität in
unserem Leben, die die religiöse Lebensweise uns beschert, von enormer
Wichtigkeit!
Im Koran treffen wir auf über 300 Verse über das Nachdenken und die
Vernunft.
Zum Beispiel
sagt Gott in Vers 10 der Sure Anbia:
لَقَدْ اَنزَلْنا إِلَیْکُمْ کِتابًا فیهِ ذِکْرُکُمْ اَفَلا تَعْقِلُونَ
„Wir haben ein Buch zu euch hinabgesandt, in dem eure
Ermahnung steht. Habt ihr denn keinen Verstand?“

Ayatollah Ramezani sagte über
die Verbindung zwischen einer vernünftigen Lebensweise und dem Erscheinen des
Erlösers der Menschheit, dem Imam der Zeit (a.):
„Wenn der Islam eine vernünftige Lebensweise verordnet, bedeutet dies, dass
alle menschlichen Lagen – selbst Gefühle und Triebe - logisch und mit Vernunft
geleitet und kontrolliert werden müssen. Im Vers 24 der Sure Anfal wird darauf
hingewiesen:
يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا اسْتَجِيبُوا لِلَّـهِ وَلِلرَّسُولِ إِذَا دَعَاكُمْ لِمَا يُحْيِيكُمْ ۖ وَاعْلَمُوا أَنَّ اللَّـهَ يَحُولُ بَيْنَ الْمَرْءِ وَقَلْبِهِ وَأَنَّهُ إِلَيْهِ تُحْشَرُونَ
„O die ihr glaubt, leistet Allah und dem Gesandten
Folge, wenn er euch zu dem aufruft, was euch Leben gibt. Und wisset, daß Allah
zwischen dem Menschen und seinem Herzen trennt und daß ihr zu Ihm versammelt
werdet!“
Im vernunftgeleiteten Leben besteht der Sinn des Lebens im Empfangen der
Liebe des erhabenen Gottes. Der Prophet Mohammed (gegrüßt sei er) wurde
entsandt, um uns zu diesem vernunftgeleiteten Leben, einhergehend mit
Spiritualität und Erkenntnissen, aufzurufen.
In den Überlieferungen bezüglich des Erscheinens des Erlösers Imam Mahdi
(a.) wird gesagt, dass die Vernunft des Menschen zu dieser Zeit seinen
Höchststand erreicht. Daher wird die Regierung des Imam der Zeit eine Regierung
der Logik, Vernunft und Spiritualität sein. Aus dieser Sicht ist es klar und
eindeutig, dass der Imam der Zeit (a.) niemals nach Krieg und Gewalt streben
würde. Er strebt nach Frieden und wird sich um die Verbreitung von Frieden und
Sicherheit – den Wunsch aller Menschen – bemühen. Dies bedeutet jedoch nicht,
dass er vor den Unterdrückern und Machthabern, die nicht bereit sind, das Recht
anzuerkennen und weiterhin Menschen unterdrücken, schweigen wird. Er wird sich
ihnen widersetzen und das ist es, was die Menschheit von einem Erlöser
erwartet!
Leider sind wir in der heutigen Zeit Zeuge von Personen, die am lautesten von
Menschenrechten und der Verteidigung der Würde des Menschen sprechen, für ihre
eigene Macht und ihr eigenes Reichtum überall auf der Welt unschuldige Menschen
ermorden lassen. Wenn man uns nun fragt, wie wir als Wartende auf den Erretter
Ihm (a.) würdig sein können, so heißt es:
„Ein würdiger Wartender verbreitet den Ruf zur
Gerechtigkeit und Spiritualität, um die Voraussetzungen für Sein Erscheinen zu
schaffen und beginnen wird er bei sich selbst.“ “
Nach der Rede stellten die
TagungsteilnehmerInnen viele Fragen bezüglich Imam Mahdi (a.), der Etablierung
von Gerechtigkeit, der islamischen Logik und vielem mehr.
Die 22. Tagung deutschsprachiger Muslime endete Sonntagmittag mit einem
gemeinschaftlichen Mittagsgebet und dem Du’a Faradsch für Imam Mahdi (a.).