Freitagsansprache von 08.12.2017
von Ayatollah Dr. Ramezani Imam und Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg e.V
Im Namen Allahs, des Barmherzigen, des Allerbarmers
Aller
Lobpreis gebührt Gott, dem Erhabenen, dem Herrn aller Welten. Wir
danken Ihm für Seine Gnade und Seine Gaben und bitten Ihn um Hilfe und
Rechtleitung in allem, was wir tun, und hoffen, dass Er uns in Seine
Gunst aufnimmt. Sein Frieden und Segen sei mit unserem Propheten
Muhammad, seinen reinen Nachkommen und seinen rechtschaffenen Gefährten.
O Diener Gottes, ich rate mir selbst und Ihnen allen zur Ehrfurcht vor
Gott und zum Gehorsam gegenüber Seinen Geboten.
Um den Menschen im Dies- und Jenseits zur
Seligkeit zu verhelfen, hat der Islam sowohl für die individuellen Bereiche,
als auch für die sozialen Aspekte des Menschen, Pläne. Deshalb hat auch der
Islam für die Rechtleitung der Menschen besondere Verordnungen.
Zusammengehörigkeit der individuellen und
sozialen Aspekte der Menschen in der Geschichte
Der Mensch besitzt von Natur aus das Gefühl
des Beisammenseins. Historische Forschungen zeigen, dass das Gefühl, in einer
Gesellschaft sein zu wollen, ein Teil des Lebens der Menschen ist. Sie ist auch
leicht zu erzielen. Die sozialen Dimensionen der Menschen entwickelten sich –
genau wie die anderen inneren Aspekte des menschlichen Daseins – parallel zu
den materiellen und spirituellen Tugenden immer weiter und schreiten zur
Vollkommenheit. Empirische Studien bezeugen, dass zu keiner Zeit der Mensch
seine gesellschaftliche Seite ignorierte – selbst wenn sie zu Beginn der
Existenz der Menschen nicht so stark ausgeprägt war.
Rolle der göttlichen Propheten bei der
Bestimmung der gesellschaftlichen Seite der Menschen
Die Propheten waren die ersten, die die
Menschen ihrer sozialen Seite bewusstmachten. Sie verdeutlichten die
Wichtigkeit des Zusammenlebens. Der Koran weist auf diesen Punkt hin, und sagt:
„Die Menschen waren nur eine einzige Gemeinschaft. Dann wurden sie uneinig.
Wenn es nicht ein früher ergangenes Wort von deinem Herrn gäbe, so wäre
zwischen ihnen wahrlich entschieden worden über das, worüber sie uneinig sind.“,
und an einer anderen Stelle steht: „Die Menschen waren eine einzige
Gemeinschaft. Dann schickte Allah die Propheten als Verkünder froher Botschaft
und als Überbringer von Warnungen und sandte mit ihnen die Bücher mit der Wahrheit
herab, um zwischen den Menschen über das zu richten, worüber sie uneinig waren.
Doch nur diejenigen waren - aus Mißgunst untereinander - darüber uneinig, denen
sie gegeben wurden, nachdem die klaren Beweise zu ihnen gekommen waren. Und so
hat Allah mit Seiner Erlaubnis diejenigen, die glauben, zu der Wahrheit
geleitet, über die sie uneinig waren. Und Allah leitet, wen Er will, auf einen
geraden Weg.“
Sicht des Islams bezüglich der sozialen
Aspekte der Menschen
Der Islam hat seinen Aufruf zum Glauben an
die Gesellschaft gerichtet, und hat in keiner Weise in den Verordnungen die
Würde des Menschen missachtet. Wenn einige der Verordnungen des Islams, wie:
„Pilgerfahrt, Tagesgebet, Almosen, das
Gebieten des Rechten und Verbieten des Verwerflichen“ genau umgesetzt werden, sieht
man, dass die Natur dieser Verordnungen Gesellschaftsbasierend ist, und die
Menschen zur Teilnahme an gesellschaftlichen Zusammenkünften verleiten. Solche
Verordnungen sind da, um die Gesellschaft zu koordinieren, denn das wichtigste
Ziel der gesellschaftlichen Seite ist der Weg zu einer Gesellschaft, die auf
den Glauben an Gott und die Wiederauferstehung basiert, damit die Menschen in
einer geeigneten Atmosphäre und in Beisammensein „Seligkeit, Nähe zu Gott und
Umsetzung der Gerechtigkeit“ erlangen. Aus den Koranversen und Überlieferungen
kann man entnehmen, dass der Prophet des Islams (gegrüßet sei er) ein großer
Versöhner der menschlichen Gesellschaft ist. Er schaffte es, mit seinem
ethischen Management und gemäßigte Vorgehensweise
die verwerfliche Kultur der Unwissenden zu verändern und die Menschen zur
Knechtschaft Gottes rechtzuleiten.
Aus der Sicht von Shahid
Motahari ist das gesellschaftliche Leben eine gesunde Form des Lebens, wo die
Mitglieder die Rechte der anderen respektieren und sich für die Umsetzung der
Gerechtigkeit einsetzten. In so einer Gesellschaft sind alle freundlich
zueinander, und wollen für den anderen das, was sie selber mögen, und raten
andere von dem ab, woran sie selbst keinen Gefallen finden. Sie sind gläubige
Menschen, vertrauen einander und versuchen die Probleme der anderen zu lösen.
Der Islam hat Verordnungen zur Besserung der zwischenmenschlichen Beziehungen
bestimmt, Verordnungen, wie: „Respektierung der Rechte der Verwandten und
Beziehung zwischen ihnen“. Gott sagt diesbezüglich: „Und fürchtet Allah, in
Dessen (Namen) ihr einander bittet, und die Verwandtschaftsbande.“
Auch vom Propheten des Islams (gegrüßet sei er) wird überliefert: „Güte zu den
Eltern und Kontaktpflege mit den Verwandten macht die Abrechnung am Jüngsten
Tag leicht.“ Eine
andere Überlieferung vom Propheten (gegrüßet sei er) besagt: „Habt gute
Manieren und behandelt eure Nachbarn freundlich und respektiert eure
Ehepartner, damit Ihr ohne Abrechnung in den Himmel kommt.“
Ein weiterer Aspekt, der
die zwischenmenschlichen Beziehungen bessern kann, und zu dem besonders
aufgerufen wird, ist der „richtige Kontakt zu den Gläubigen“. Dies wird in den
islamischen Deutungen als brüderliche Koexistenz erwähnt. Diese Darlegung ist
in diesem Zusammenhang eine sehr schöne und zierliche Definition. Imam Sadegh
(gegrüßet sei er) sagt diesbezüglich: „Ein Muslim ist der Bruder eines Muslims,
er ist sein Auge und Spiegel, er wird ihn nicht betrügen und ihm keinen Schaden
zufügen, er wird ihm kein Unrecht zufügen, ihn nicht Lügner nennen und hinter
seinem Rücken nichts Schlechtes sagen.“
Der Prophet des Islams (gegrüßet sei er) sagt: „Die Gläubigen sind in
Freundlichkeit und Nachsicht miteinander wie ein Körper. Sobald einer klagt,
ruhen die anderen nicht und eilen dem Klagenden zu Hilfe“
Bruderschaft aus der
Sicht des Islams
Damit einer seine
Bruderschaft in einer religiösen und islamischen Gemeinschaft zeigen und
beweisen kann, gibt es nur ein Kriterium, nämlich „Der Mensch selbst“. Vom
Propheten der Güte (gegrüßet sei er) wird überliefert: „Der Prophet (gegrüßet
sei er) bereitete sich vor, in eine Schlacht zu ziehen, als ein Beduine kam,
sich an den Bügel vom Kamel des Propheten klammerte und sagte: „Oh Prophet
Gottes! Lehre mich etwas, wodurch ich in den Himmel komme. Der Prophet (gegrüßet
sei er) sagte: „Tue das mit den Leuten, von dem du willst, dass die anderen es mit
dir tun, und meide das, von dem du nicht willst, dass die anderen es mit dir
tun.“
Nennen wir nun, da bis
jetzt genau erwähnt wurde, was die zwischenmenschlichen Beziehungen fördert,
einige Beispiele die diese Beziehungen unterstützen: freundliche Gesten,
lächeln, grüßen, Hand geben,
nach den Namen fragen, Platz freimachen, damit er sich neben dich setzen kann,
respektieren der Person, und Nachsicht mit den Menschen,
und angenehme Themen zum Sprechen wählen.
Schlusswort
Die Regeln und
Verordnungen des Islams über die gesellschaftlichen Gepflogenheiten sind so
umfangreich, dass man für jeden von ihnen ein ganzes Buch schreiben, und für
jeden viele Lesungen abhalten könnte. Doch eins ist klar: Aus der Sicht des
Islams ist die Gesellschaft so wichtig, dass in dieser Religion die „Einigkeit“
und Ablehnung von Zwiespalt eine göttliche Aufgabe ist. Rasse, Sprache,
Nationalität, Wirtschaft, Politik und Kultur dürfen bei der Einigkeit keine
Rolle spielen. Der Mensch und die Respektierung des Menschen sollen
ausschlaggebend sein. So eine Einigkeit kann nicht nur äußerlich sein, sondern
basiert auf die Nähe der Herzen und Vermeidung vom Neid und Hass.
Wenn die religiöse Lebensweise
in den verschiedenen Dimensionen des Lebens der Menschen zum Vorschein kommt,
werden die Menschen und Gläubigen die wahre Seligkeit im Dies- und Jenseits
erhalten und den Himmel auf Erden erleben.